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Vererben oder vermachen – auf die richtige Formulierung kommt es an!


Im allgemeinen Sprachgebrauch werden die Begriffe „vererben“ und „vermachen“ gern synonym verwendet. Dem Laien ist der - juristisch betrachtet - himmelweite Unterschied meist nicht bewusst.


Wird jemand Erbe, so tritt er die Gesamtrechtsnachfolge des Erblassers an. Er tritt in dessen Fußstapfen und rückt unmittelbar in dessen Rechtsverhältnisse nach. Dies geschieht von selbst. Um eine Erbschaft nicht anzunehmen, muss sie aktiv ausgeschlagen werden. Der Erbe erbt auch die Verbindlichkeiten des Erblassers, muss also grundsätzlich auch für dessen Schulden haften. Sind mehrere Personen Erben, bilden sie eine Erbengemeinschaft. Es erbt also nicht jeder Erbe „seinen Anteil“, sondern die Erbengemeinschaft verfügt gemeinschaftlich als Gesamthandsgemeinschaft über den Nachlass. Damit letzten Endes jeder Erbe seinen Anteil bekommt, muss die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt werden. 


Wird jemandem etwas „vermacht“, wird der Begünstigte hingegen nicht Erbe, sondern Vermächtnisnehmer. Der Vermächtnisnehmer erhält in der Regel vom Erblasser einzelne Gegenstände, einen Geldbetrag oder ein Recht (z.B. ein Wohnrecht) zugewiesen. Diese Rechtsposition ist schwächer als die des Erben. Der Vermächtnisnehmer hat keinen unmittelbaren Zugriff auf den Nachlass, sondern kann vom Erben die Herausgabe des vermachten Gegenstandes bzw. die Übertragung des vermachten Rechts verlangen. Das ist nur ein schuldrechtlicher Anspruch. Dieser kann klageweise durchgesetzt werden, wenn der Erbe die Erfüllung des Vermächtnisses verweigert.


Wenn in Laientestamenten die Begrifflichkeiten verwechselt oder (auch häufig anzutreffen) die Nachlassgegenstände verteilt werden, ohne ausdrücklich Erben und Vermächtnisnehmer zu berufen, sind nach dem Erbfall die Rechtsstreitigkeiten vorprogrammiert. Das Testament muss dann ausgelegt werden. Nach § 2087 BGB ist im Zweifel die Zuwendung eines einzelnen Gegenstandes keine Erbeinsetzung, sondern eine Vermächtnisanordnung. Ob das Ergebnis dann dem Erblasserwillen entspricht, ist nicht mit Sicherheit zu sagen. Insofern geht unsere Empfehlung dahin, sich anwaltlich beraten zu lassen, um eine rechtssichere Formulierung der Verfügung von Todes wegen zu gewährleisten.


Folgende Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung zur Illustration:


  • Einsetzung „unserer Kinder“ (ohne Namen zu nennen) in einer Patchworkfamilie, in der es einseitige und gemeinsame Kinder gibt (vgl. OLG Düsseldorf RNotZ 2019, 140)

  • Die Erben sind in einer nicht den Formerfordernissen entsprechenden Anlage zum Testament benannt (sog. testamentum mysticum) – unwirksam! (vgl. BGH NJW 2022, 474 ff.)

  • Zuwendung eines Hausgrundstücks: Abgrenzung von Erbeinsetzung und Vermächtnisanordnung, OLG Rostock ErbR 2022, 607 ff.

  • Die Erbeinsetzung desjenigen, der den Erblasser bis zum Tod „pflegt und betreut“ – unwirksam! (vgl. OLG München ZEV 2023, 824 ff.)


Ein Klassiker ist auch die Bezeichnung der Erben als Vor- und Nacherben, obwohl Allein- und Schlusserben gemeint sein sollten, oder eine bunte Mischung der Rechtsbegriffe.

Für Fragen und Beratung steht Ihnen unser Erbrechtsteam gern zur Verfügung.

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