BAG (Urteil vom 28.1.2025, Az.: 9 AZR 48/24): Entgeltabrechnungen können auch digital sein.
- von Morgen & Partner

- 1. Okt.
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Mitarbeiter haben keinen Anspruch auf Übermittlung einer Entgeltabrechnung in Papierform auf dem Postweg
Der gesetzliche Anspruch auf Erteilung einer Entgeltabrechnung i.S.d. § 108 GewO begründet eine Holschuld. Diese kann der Arbeitgeber grundsätzlich dadurch erfüllen, dass er die Abrechnung in Textform in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach stellt. Einen Anspruch auf Übersendung der Entgeltabrechnung auf dem Postweg besteht nicht. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 28. Januar 2025 zum Zeichen 9 AZR 48/24.
Im vorliegenden Fall stellte der beklagte Arbeitgeber aufgrund eine Konzernbetriebsvereinbarung die monatlichen Entgeltabrechnungen nur noch elektronisch zur Verfügung.
Obgleich die Einführung hier auf Grundlage der Konzernbetriebsvereinbarung erfolgte, trifft das Bundesarbeitsgericht grundsätzliche Äußerungen zur rechtlichen Einordnung einer Entgeltabrechnung sowie zur Erfüllung der in § 108 GewO verankerten Obliegenheit der Abrechnung des Arbeitsentgeltes. In § 108 Abs. 1 Satz 1 heißt es konkret: „Dem Arbeitnehmer ist bei Zahlung des Arbeitsentgeltes eine Abrechnung in Textform zu erteilen.“
Elektronische Entgeltabrechnungen genügen der Textform:
Das Bundesarbeitsgericht machte deutlich, dass die im digitalen Mitarbeiterpostfach gespeicherten, elektronischen Entgeltabrechnungen der Textform genügen. Eine solche ist gewahrt, wenn auf einem dauerhaften Datenträger eine lesbare Erklärung abgegeben wird, in der die Person des Erklärenden genannt ist. Ein dauerhafter Datenträger ist gemäß der Vorschrift jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
Zur Erfüllung der Norm ist entsprechend notwendig, dass ein digitales Mitarbeiterpostfach einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen Mitarbeiter enthält, auf welches er durch Eingabe eines Passwortes und eines Benutzernamens Zugriff erhält und damit der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, einmal eingestellte Informationen im Nachhinein zu ändern.
Die Entgeltabrechnung ist eine reine Wissenserklärung. Mit der wirksamen Bereitstellung der Entgeltabrechnung ist die Obliegenheit des Arbeitgebers erfüllt:
Das Bundesarbeitsgericht betonte weiter, dass es sich bei dem Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung nach § 108 GewO, wie auch bezüglich weiterer Dokumente, die das Arbeitsverhältnis betreffen, um eine Holschuld handle. Ein Online-Portal fungiere entsprechend als elektronische Ausgabestelle. Der Arbeitgeber hat – sofern er sämtlichen Arbeitnehmern, welche über keinen privaten Internetzugang verfügen, einen Rechner in den Betriebsräumen zur Verfügung stellt, auf welchen diese in ihrer Arbeitszeit zugreifen und gegebenenfalls die Entgeltabrechnungen ausdrucken oder anderweitig sichern können – mit der Bereitstellung in einem Online-Portal alles seinerseits für den Eintritt des Erfolges Erforderliche geleistet.
Es handelt sich bei der Entgeltabrechnung um eine Wissens- und keine Willenserklärung. Zudem stellten die Angaben in einer Entgeltabrechnung grundsätzlich keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen dar. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB ist damit keine, für die Erfüllung des Anspruchs aus § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO erforderliche Voraussetzung. Auf einen Zugang kommt es damit nicht an. Die Abrechnung bezweckt die Information über die Zahlung und dient der Transparenz.
Keine Bedenken bezüglich eines Verstoßes gegen das Datenschutzrecht:
Schließlich äußert sich das Bundesarbeitsgericht in der gebotenen Kürze zur Vereinbarkeit mit den datenschutzrechtlichen Vorschriften und begegnet diesbezüglich keinen grundsätzlichen Bedenken. Die verarbeiteten Daten beschränken sich auf Daten, die auch in Papierform übermittelt werden würden. Zudem ist die Datenverarbeitung erforderlich, da sie der Erfüllung der in § 108 GewO angeordneten Pflicht dient (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1, Buchst. C und Abs.3 DSGVO iVm. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG). Die Inanspruchnahme von externen Anbietern ist als Auftragsdatenverarbeiter durch Art. 28 Abs. 3 DSGVO abgedeckt.
Zurückverweisung an das LAG aufgrund mangelhafter Sachverhaltsaufklärung:
Im Ergebnis erfolgte im vorliegenden Fall gleichwohl eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgerichts. Das Bundesarbeitsgericht hatte Zweifel, ob das digitale Mitarbeiterpostfach aufgrund der mit dem Konzernbetriebsrat getroffenen Vereinbarung wirksam eingeführt worden war und entsprechend als technisches Medium für die Erfüllung der Abrechnungsansprüche genutzt werden durfte. Vorliegend war dies zweifelhaft, da das digitale Mitarbeiterpostfach an das Personalabrechnungs- und Informationssystem angebunden werden sollte und diese Erweiterung unter § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG fallen könnte.
Wir beraten Sie gerne zu den rechtlichen Möglichkeiten einer digitalen Kommunikation mit Ihren Arbeitnehmern sowie der gegebenenfalls bestehenden Notwendigkeit der Beteiligung des Betriebsrats. Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch in allen weiteren arbeitsrechtlichen Themen mit Rat und Tat zu Seite. Sprechen Sie uns einfach an.



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