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Beschlussfassung des Betriebsrats per Telefon- oder Videokonferenz?

Da der Gesetzgeber die Corona-Krise leider nicht – wie etwa im Gesellschaftsrecht – zum Anlass genommen hat, Möglichkeiten der fernmündlichen oder schriftlichen Beschlussfassung des Betriebsrats zu schaffen, herrscht derzeit eine große Unsicherheit, ob – und wenn ja, wie – Betriebsratssitzungen auch ohne persönliche Anwesenheit sämtlicher Mitglieder abgehalten werden können. Für zusätzliche Verwirrung hat in diesem Zusammenhang die viel diskutierte Äußerung des Bundesministers für Arbeit und Soziales gesorgt, Betriebsratssitzungen sollten während der Corona-Krise auch per Telefon- oder Videokonferenz zulässig sein.

Zwar dürfen die derzeit geltenden Einschränkungen des öffentlichen und privaten Lebens nicht dazu führen, dass die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats nicht mehr gewährleistet ist und dieser quasi „funktionslos“ wird. Fest steht aber auch, dass eine Beschlussfassung des Betriebsrats im schriftlichen Umlaufverfahren oder fernmündlich, also per Telefonkonferenz, nach derzeitigem Stand in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich als unzulässig angesehen wird (vgl. ErfK/Koch, 17. Aufl. 2017, BetrVG § 33 Rn. 3 m.w.N.). So sei die körperliche Anwesenheit der Mitglieder erforderlich, um einen mündlichen Diskurs zu gewährleisten, das schriftliche Umlaufverfahren daher unzulässig (vgl. BAG, Urt. v. 4.8.1975 – 2 AZR 266/74 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 4); Telefonkonferenzen seien aufgrund der Möglichkeit, dass Dritte unbemerkt mithören könnten, mit dem Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Sitzungen unvereinbar, § 30 S. 4 BetrVG (vgl. Däubler/Kittner/Klebe/Wedde-Wedde, BetrVG, 16. Aufl. 2017, § 33 Rn. 11; Jesgarzewski/Holzendorf, NZA 2012, 1021, 1022).

Auch die Frage, ob eine Beschlussfassung des Betriebsrats per Videokonferenz zulässig ist, ist äußerst umstritten. Höchstrichterliche Entscheidungen hierzu fehlen. Überwiegend wird im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Arbeitswelt daher ein Handlungsbedarf des Gesetzgebers angenommen. Allerdings sprechen bereits auf der Grundlage der derzeitigen Rechtslage gute Argumente für eine Zulässigkeit (vgl. aus der jüngsten Literatur: Fündling/Sorber, NZA 2017, 552, 553 ff.). Anders als bei Telefonkonferenzen ist die Situation bei Videokonferenzen aufgrund der gegenseitigen Sicht- und Hörbarkeit mit der Präsenzsituation nämlich zumindest vergleichbar und ein lebhafter Austausch zwischen den Mitgliedern somit gewährleistet.

Gerne beraten wir Betriebsräte bei der Organisation von Betriebsratssitzungen und einer rechtssicheren Gestaltung der Beschlussfassung auch während der Corona-Krise.

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